Etwas kurios: Man sollte als Haushalt auf jeden Fall einen Ökostromtarif wählen, aber man darf sich deswegen klimaschutzmäßig keineswegs zurücklehnen und schon gar nicht meinen, dass man jetzt keinen Strom mehr sparen müsste. Aber der Reihe nach. Die Bezeichnung „Ökostrom“ ist nicht definiert. Natürlich ist Ökostrom definitiv kein AKW -oder Kohlestrom, sondern Strom aus Erneuerbaren Quellen wie Wasserkraft, Wind- und Sonnenenergie (bei manchen Anbietern zählen auch gasbetriebene effiziente Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen dazu). Am Anfang wurde dabei oft geschummelt. Stromanbieter teilten ihren produzierten Strom rechnerisch auf − einerseits in AKW und Kohlestrom und andererseits in „Ökostrom“ aus alten Wasserkraftwerken. Die einen Kund*innen konnten dann rechnerisch Ökostrom beziehen, die anderen bekamen (ohne dass sie sich dessen bewußt wurden) rechnerisch nur noch AKW – und Kohlestrom. Für den Klimaschutz änderte sich dadurch: NICHTS. Andere Anbieter verkauften Strom, der schon durch die Fördersysteme im jeweiligen Land ausreichend gefördert wurde (bei der Stromerzeugung von Erneuerbaren Energien in Deutschland ist dies für EEG-geförderten Strom gesetzlich verboten). Da der bereits installiert und finanziell gefördert wurde, änderte sich durch den Einbezug in einen Ökostromtarif für den Klimaschutz ebenfalls: NICHT . Und das heißt: Echte Ökostromtarife sind nur solche, bei denen ein Beitrag zur Energiewende geleistet wird, beispielsweise indem neue Anlagen aus Erneuerbaren Energien gefördert werden, die nicht schon nach dem EEG oder einem entsprechenden Fördersystem im jeweiligen Erzeugerland gefördert wurden. Im Jahr 2017 stammten 90 % des in Deutschland verkauften Ökostroms aus norwegischen Wasserkraftwerken.
Zum Erkennen und zur Zertifizierung der „echten“ Ökostromanbieter wurde das ok-power-Label gegründet. Typische Anbieter sind die EWS Elektrizitätswerke Schönau, Greenpeace Energy, Lichtblick und eine Reihe von Stadtwerken. Eine Liste der Anbieter, die Bewertungskriterien im Detail und Tarifvergleiche finden sich unter https://www.ok-power.de. Das ok-power-Label ist garantiert frei von unternehmerischen Interessen oder Provisionszahlungen der Stromanbieter. Mit dem Bezug von echtem Ökostrom trägt man dazu bei, dass die Erneuerbaren Energien schneller ausgebaut oder besser in das Stromsystem integriert werden. Und das ist bitter notwendig, zumal der Ausbau immer wieder ins Stocken gerät.
Strom aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen ist aus Umwelt- und Klimasicht um Größenordnungen besser als Strom aus Atomkraftwerken und Kohlekraftwerken. Aber man bekommt ihn keineswegs ohne Umweltauswirkungen. Bei beiden Anlagen gibt es einen größeren Materialaufwand, und nach 25 bis 30 Jahren die Notwendigkeit des Recyclings und der Entsorgung. Vor allem bei der Windkraft gibt es in eng besiedelten Ländern wie Deutschland Grenzen für die Zahl der Anlagen − wegen Flächenverbrauch, Abstandsgeboten und möglichen Auswirkungen auf seltene Arten. Bei beiden Anlagentypen gibt es Treibhausgasemissionen, bedingt durch den Materialaufwand bei der Produktion und späteres Recycling. Diese sind mit 6 g CO2/kWh bei Windkraft offshore, 11 g CO2/kWh Windkraft onshore und 67 g CO2/kWh bei Photovoltaik zwar viel geringer als etwa bei Braunkohlekraftwerken (ca. 1.100 Gramm CO2/kWh), aber eben nicht vernachlässigbar, vor allem nicht bei der Photovoltaik.
Wie bei allen Kraftwerken ist der Neubau teuer und mit hohen gesellschaftlichen Kosten verbunden. Hinzu kommt, dass der Gesamtstromverbrauch durch die Elektromobilität und Wärmepumpen im Gebäudebereich perspektivisch stark ansteigen wird. Da ist es umso wichtiger, Strom zu sparen. Sonst müsste man beispielsweise Ökostrom aus Afrika oder von der Arabischen Halbinsel importieren und würde damit in neue Energieabhängigkeiten geraten. Und außerdem brauchen auch diese Länder den Ökostrom selbst!
Die ökologisch beste Kilowattstunde ist deswegen immer die eingesparte Kilowattstunde!