Teilsanierung und komplette Sanierung
Gerade bei alten Häusern lassen sich viel Energie und CO2-Emissionen einsparen. In der Regel sollte man die energetische Sanierung dann durchführen, wenn sowieso größere Renovierungen anstehen (zum Beispiel, weil die Heizungsanlage veraltet ist, die Fenster undicht sind, die Außenfassade abblättert und erneuert bzw. gestrichen werden muss, oder es Schäden am Dach gibt) oder wenn ein Umbau geplant ist. Bei einer kompletten Sanierung hin zu dem Standard KfW-Effizienzhaus 55 können etwa 75-80 % der Heizenergie und der CO2-Emissionen reduziert werden. Dazu sind folgende Maßnahmen erforderlich: Dämmung der Außenwände, des Daches bzw. der obersten Geschossdecke sowie der Kellerdecke, Einbau hochwertiger Fenster mit 3-Scheiben-Wärmeschutzverglasung, Austausch der alten Heizungsanlage gegen einen effizienten Brennwertkessel mit Solarthermie und Einbau einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Wenn eine komplette Sanierung nicht ansteht oder finanziell nicht möglich ist, können auch Teilsanierungen erfolgen, beispielsweise Dämmung der obersten Geschossdecke und der Kellerdecke, oder der Austausch von Fenstern. Beim Austausch der Heizungsanlage sollte man darauf achten, ob und wann eine Komplettsanierung geplant ist, weil die Heizung dann entsprechend kleiner konzipiert werden kann.

Lohnt sich ein energetisches Upgrade?
Je nach Ausgangszustand des Hauses, der gewählten Sanierung und Annahme über die künftige Entwicklung der Energiepreise kann sich eine Sanierung finanziell auch lohnen oder aber knapp nicht. Zur Wirtschaftlichkeit von Sanierungen gibt es unterschiedliche Berechnungsmethoden. Private Eigentümer und professionelle Wohnungsgesellschaften kalkulieren hier unterschiedlich. Die Wohnungsgesellschaften wollen mit dem angelegten Geld eine höhere Rendite und höhere Mieten erzielen. Bei privaten und erst recht selbst nutzenden Eigentümern steht das nicht im Vordergrund. Die Kalkulation der Wirtschaftlichkeit hängt von verschiedenen Annahmen ab. Im Besonderen wird die Höhe der Energiekosten in den nächsten zwanzig Jahren unterschiedlich abgeschätzt (s.u.), die Höhe der Abschätzung dominiert aber das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsberechnung.

Die Kosten einer Sanierung hängen von mehreren Faktoren ab:

  • dem Haustyp (freistehendes Einfamilienhaus, Doppel- oder Reihenhaus, großes Mehrfamilienhaus)
  • dem angestrebten Zustand nach der energetischen Sanierung der jeweiligen Bauausführung (zum Beispiel glatte Wände oder geschmückte Fassade, Dachform etc.)
  • den verwendeten Materialien und den örtlich unterschiedlichen Arbeitskosten.

Wenn ein energetisches Upgrade durchgeführt wird, weil „sowieso“ eine Renovierung erforderlich ist, fällt ein Teil der Kosten eben „sowieso“ an (zum Beispiel für die neue Heizungsanlage, Gerüstaufbau, neue Fenster, Fassadenanstrich, etc.). Ein anderer Teil der Kosten fällt dagegen nur für Energieeinsparungen, wie zum Beispiel für die Wärmedämmung, oder für zusätzliche Kosten für höhere Energieeffizienz-Standards an (zum Beispiel 3-Scheiben-Verglasung). Die Gesamtkosten setzen sich deshalb aus den „Sowieso-Kosten“ und den Extrakosten für den besseren energetischen Standard zusammen. Die Abgrenzung zwischen diesen beiden Kostenarten ist nicht eindeutig.
Die Frage ist nun, ob die für das energetische Upgrade anfallenden Extrakosten wirtschaftlich sind (über die Wertsteigerung des Gebäudes hinaus). Die Antwort hängt von mehreren Annahmen bzw. Entwicklungen ab:

  • Wie hoch ist der Zinssatz für einen aufzunehmenden Kredit? Derzeit (Stand Februar 2020) liegt der Zinssatz für einen normalen Bankkredit auch für zeitlich lange Verträge sensationell niedrig – unter einem Prozent. Bei einem Förderantrag bei der KfW liegt der Zinssatz für die ersten zehn Jahre bei 0,75 Prozent. Wenn die Bedingungen des KfW-Effizienzhauses 55 eingehalten werden, werden von der KfW auch noch 27,5 Prozent der Kreditsumme erlassen – beispielsweise bei 40.000 € Kreditsumme also 11.000 €.
  • Nach dem Kabinettsbeschluss der Bundesregierung vom 9. Oktober 2019 wurden die Förderbedingungen weiter verbessert. Alternativ können 20 Prozent der Sanierungskosten von der Steuerschuld abgezogen werden.
  • Wie hoch sind die tatsächlich erzielbaren Energieeinsparungen? Der Energieverbrauch nach der Sanierung lässt sich einigermaßen verlässlich berechnen. Der Energieverbrauch vor der Sanierung dagegen weniger sicher – zum einen ist die Qualität der alten Baumaterialien und der von zum Teil nicht einsehbaren Konstruktionen nicht einfach abzuschätzen, zum anderen hat das reale Nutzungsverhalten einen großen Einfluss. Als Vergleichsmaßstab kann dafür aber praktischerweise der Energieverbrauch der letzten Jahre herangezogen werden und auf einen Durchschnittswert normiert werden.
  • Wie entwickeln sich die Energiekosten in den nächsten 20 Jahren? Die Gaspreise lagen in den letzten Jahren um die 6,5 Cent/kWh bzw. 65 Cent/m3 Gas. Durch Turbulenzen an den Öl- und Gasmärkten könnte der Preis deutlich steigen. Wenn es weltweit scharfe Klimaschutzmaßnahmen gibt, und viel weniger Öl und Gas nachgefragt wird, könnte der Preis aber auch fallen. Da es nach dem Kabinettsbeschluss der Bundesregierung ab 2021 eine CO2-Bepreisung gibt, wird es dadurch eine Preissteigerung geben. Da bei einer Kalkulation aber nicht der Energiepreis des nächsten Jahres wichtig ist, sondern die Energiepreise der nächsten 20 – 25 Jahre, spricht die steigende CO2-Bepreisung für eine Sanierung. Außerdem müssen noch jährliche Steigerungen durch die Inflation angenommen werden.
  • Wie auch immer: statt mit durchschnittlich 6,5 Cent pro kWh bzw. 65 Cent/m3 Gas (heutiger Preis) sollte man für die nächsten 20 Jahre eher mit einem Preis von 8,5 – 10,0 Cent pro kWh bzw. 85 – 100 Cent/m3 Gas kalkulieren.

Je nach Gebäudetyp, Art der Sanierung und Energiepreisentwicklung, der Höhe der Förderung oder steuerlichen Absetzbarkeit und den unterschiedlichen Annahmen, kann eine Sanierung wirtschaftlich vorteilhaft sein oder sich zwar weitgehend, aber nicht komplett refinanzieren. Aber auch im letzteren Fall sollte man das energetische Upgrade möglichst durchführen –denn neben Klimaschutz und Energieeinsparungen hat man ja weitere Vorteile wie etwa besseres Wohnklima und höherer Wohnwert.

Zusammengefasst: Das energetische Upgrade ist für den Klimaschutz hoch wichtig. Die Zinsen für einen Kredit sind sensationell niedrig, die Förderbedingungen sehr gut, die Energiepreise werden durch die CO2-Bepreisung steigen. Mit dem Upgrade steigen der Wohnkomfort und der Wohnwert. Für mögliche Energiekrisen ist man besser gewappnet. Auf geht’s!

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